
Koch informierte die zahlreichen Zuhörer in seinem spannenden Referat über die veränderte politische Strategie der NPD, der derzeit erfolgreichsten rechtsextremen Gruppierung. Der NPD sei es vielerorts gelungen in der Mitte der Gesellschaft anzukommen. „Die NPD versucht zusehends, sich in den ländlichen Regionen als soziale und bürgernahe Kraft zu etablieren“, beschrieb Koch die veränderte Vorgehensweise der Rechten. Nicht mehr in erster Linie in martialisch anmutenden Demonstrationen, die man jahrelang mit der NPD assoziierte, suchten die Rechten ihr Heil. „Die NPD-Aktivisten unterwandern erfolgreich Vereine und Bürgerinitiativen und engagieren sich für unterstützenswerte Themen wie Krippenplätze oder bieten Nachhilfe und Suchtberatung an“, so Koch weiter. In vielen Ortschaften würden sie als „die netten Leute von nebenan“ wahrgenommen. In der Region um Braunschweig sei augenblicklich das Harzvorland das Hauptbetätigungsfeld der NPD. Dabei werde es jedoch nicht bleiben. „Ich vermute, dass die NPD-Strategen in unserer Region als nächstes den Landkreis Wolfenbüttel in Angriff nehmen werden“, so die Befürchtung Kochs. Auch wenn die NPD sich bürgerlicher geriere: Unverändert sei ihre menschenverachtende Ideologie. Auf Zuspruch in der Bevölkerung stoße sie mit populistischen bis fremdenfeindlichen Forderungen wie „Todesstrafe für Kinderschänder“ oder „Arbeit zuerst für Deutsche“, aber eben auch mit den bereits erwähnten wohltätigen Forderungen nach Betreuungsangeboten und Maßnahmen zur Bekämpfung von Drogensucht. Dies habe sich im letzten Kommunalwahlkampf und in der Arbeit der Rechten in den Kommunalparlamenten gezeigt. Sehr erfolgreich sei die Methode, Jugendliche in Ortschaften mit niedrigschwelligen Angeboten für die NPD zu gewinnen. „NPD-Aktivisten verschenken beispielsweise Rechts-Rock-CDs. Das kommt gut an.“ Außerdem machten sich die Rechten das bei vielen Jugendlichen vorhandene Bedürfnis nach Anerkennung und Aufmerksamkeit zu Nutze. „Eine Demonstration in Mitten einer großen Gruppen kann für viele Jugendliche ein aufregendes und befriedigendes Erlebnis sein“, sagte Koch. An das Referat schloss sich eine engagiert geführte Debatte an. Ein kontroverses Thema dabei war ein mögliches Verbot der NPD. Hier nahm Koch- für einige überraschend- eine ablehnende Position ein: „Ein Verbot der NPD hätte eine zu große Entlastungsfunktion für den politischen Bereich“. Koch befürchtet, dass nach einem geglückten Verbotsverfahren die Verlockung für Politiker groß sein könnte, den mühsamen Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht intensiv genug an der Wurzel anzugehen – etwa durch Aufklärungsarbeit. Weiterer Diskussionspunkt: Was könnte eine effektive Strategie der Sozialdemokraten gegen das Erstarken der NPD sein? Hier erteilte Koch der SPD einen Ratschlag: „Wenn es eine Strategie ist, als ´bürgernahe Kümmerer` wahrgenommen zu werden, die sich in Vereinsvorständen und Initiativen für die Interessen der Bürger einsetzen, dann sollte die SPD diese Strategie aufgreifen.“ Koch riet den Jusos entschieden davon ab, mit geschulten NPD-Funktionären in öffentlichen Veranstaltungen zu diskutieren. Sinnvoller sei es, sich mit NPD- Sympathisanten auseinander zu setzen, die noch nicht ideologisch gefestigt sind. „Man kann das Weltbild der NPD-Anhänger relativ schnell ins Wanken bringen, indem man kritische und ganz konkrete Fragen nach der Praxis-Tauglichkeit der NPD-Forderungen stellt“, so Koch.Steffen Kirsch