Barbara Hendricks: „Bedingungsloses Grundeinkommen kollidiert mit christlichen Wertenvorstellungen.“

Am Dienstagabend diskutierten Dr. Barbara Hendricks und Dr. Carola Reimann mit zahlreichen Gästen über das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens im Volksfreundsaal der Braunschweiger SPD. Obwohl Hendricks von 1998 bis November 2007 parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium war, wurde der thematische Fokus bewusst auf die Frage gelegt, ob ein solches Grundeinkommen mit dem christlichen Menschenbild vereinbar ist.

Der Grund lag aber nahe: Barbara Hendrix ist Kirchenbeauftragte im SPD-Präsidium und gab im Rahmen Ihrer Rede einen interessanten Überblick zum Stand der Diskussion bei der evangelischen und katholischen Kirche. Ihr Fazit: Bis jetzt gebe es zwar keine klare Meinung zum Grundeinkommen, doch absehbar sei eine Kollision des Konzeptes mit christlichen Wertvorstellungen, die von den Kirchen vertreten werden.Das Konzept zum bedingungslosen Grundeinkommen hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens finden sich sowohl im Arbeitgeberlager, als auch in sozialen Bewegungen, Kirchen und in den Gewerkschaften. „Obwohl das Konzept in den unterschiedlichsten politischen Strömungen Befürworter hat, stehe ich dem bedingungslosen Grundeinkommen kritisch gegenüber“, betonte Hendricks gleich zu Beginn.
Die Idee des Grundeinkommens besagt, dass jeder Bürger vom Staat ein Einkommen lebenslang und unabhängig von Familienstand, Beruf und Gehalt bekommt. In der Theorie entsteht eine bessere Welt: Arbeitslose werden nicht mehr stigmatisiert und müssen beispielsweise keine Anträge mehr bei der Arbeitsagentur stellen. Die Menschen entfalten sich frei und statt frustriert im Büro Zeit abzusitzen, wenden sie sich gesellschaftlich wichtigen Aufgaben zu. Hier beginnen allerdings die Probleme. Denn wer weiß, ob Menschen sich tatsächlich dann gesellschaftlich engagieren?“Die Idee eines Grundeinkommens ist keinesfalls eine neue, denn bereits in den 1920er Jahren wurde sie in Europa diskutiert. Dabei wurde und muss auch heute eine zentrale Frage beantwortet werden: Kann ein bedingungsloses Grundeinkommen dafür sorgen, Menschen von staatlicher Fürsorge zu befreien, um selbst bestimmt in einer Gesellschaft zu leben? Meiner Ansicht nach wird mit diesem Konzept das Gegenteil erreicht. Brauchen Menschen nicht auch institutionelle Hilfen des Staates? Wer soll zukünftig darauf achten, dass Kinder in Familien nicht verwahrlosen? Besteht die Sicherung der Teilhabegerechtigkeit einer Gesellschaft lediglich aus finanziellen Zuwendungen?“, gab Barbara Hendricks zu bedenken.
Die Sorgen und sozialen Bedürfnisse blieben aber bestehen, auch wenn ein Grundeinkommen die Existenz absichern würde. „Einhellig abgelehnt haben die Kirchen beispielsweise den Vorschlag von CDU-Ministerpräsident Althaus, ein Bürgergeld in Thüringen einzuführen. Hier lag der Verdacht nahe, dass die Politik sich lediglich der sozialen Sorgen der Menschen auf einfache Weise entledigen wollte“, so Barbara Hendricks. Sie betonte daher: „Der Staat und die Gesellschaft muss dafür sorgen, dass alle in der Gesellschaft lebenden Menschen in der Gesellschaft integriert sind und allen eine Teilhabe an Gütern zukommt. Dafür reichen nicht allein finanzielle Zuwendungen, sondern dafür brauchen wir einen leistungsfähigen Sozialstaat, der Menschen je nach Bedürftigkeit in jeder Lebenslage unterstützen kann. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen würde der Gesellschaftsvertrag erodieren und sich die Gesellschaft stark entsolidarisieren.“ Zustimmung für ihre Positionen zum Thema bekam Barbara Hendricks auch von Seiten der Braunschweiger Jusos. „Wir stehen für einen Sozialstaat, der Chancengleichheit schafft und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Sowohl die Bürgergeld-Modelle der bürgerlichen Parteien als auch das von anderen propagierte bedingungslose Grundeinkommen bewirken aber genau das Gegenteil davon“, sagte Juso-Vorsitzender William Labitzke. Er kritisierte, dass der Umverteilungsanspruch des Sozialstaats mit der Einführung eines Bürgergeldes aufgegeben und die Spaltung der Gesellschaft damit faktisch zementiert werden würde.