Im Fall eines Stromausfalls der öffentlichen Energieversorgungsnetze sollte ein Atomkraftwerk über Notstromaggregate versorgt werden. Das Experiment sollte beweisen, dass die Rotationsenergie der auslaufenden Stromturbinen ausreicht, die Zeit von ca. 40 bis 70 Sekunden bis zum vollen Anlaufen der Notstromaggregate zu überbrücken. Während dieses Experiments explodierte das Kraftwerk Block 4 in Folge einer Kernschmelze.
Wie konnte es dazu kommen? Die Hauptursache dafür waren bauliche Mängel bei der Konstruktion des Atomreaktors und Bedienungsfehler. Durch ein Verschiebung des Experiments um einen halben Tag arbeitete der Kernreaktors viel zu lange in einem Leistungsbereich, der zu niedrig und somit auch unzulässig war. Dieses bewirkte eine Anreicherung des Reaktors mit neutronenabsorbierendem Xenon- 135 wodurch dessen Verhalten komplexer und unübersichtlicher wurde. Zudem waren nun andere Mitarbeiter, als eigentlich geplant anwesend, die unzureichende Kenntnisse im Umgang mit dem Reaktor und dessen Leistungsanhebung hatten.
Das Experiment lief außer Kontrolle. Eine Kettenreaktion führte zur Explosion, durch die und den daraufhin entstehenden Brand Radioaktivität in Form von Staubpartikeln in der Nähe des Kernreaktors freigesetzt oder über die Luft über die gesamte nördliche Halbkugel verteilt wurden!
Zwei Tage später wurde auf dem Gelände eines Atomkraftwerks in Schweden Alarm ausgelöst da eine erhöhte Radioaktivität herrschte. Der Verdacht richtete sich auf Grund der aktuellen Windrichtung gegen das Atomkraftwerk Tschernobyl.
Die Zahl der Toten durch diesen Unfall wurde nie genau bekannt. Ein Großteil von ihnen waren Feuerwehrmänner und andere Katastrophenhelfer, die wenige Stunden nach ihrem Einsatz bereits durch die Strahlenkrankheit gezeichnet waren. Diese äußert sich unter anderem durch Desorientierung, Versagen des Nervensystems, unkontrollierte Blutungen, Zerstörung des Knochenmarks und viele weitere Symptome.
Nach der Explosion wurden provisorische Beton-Sarkophag um den Reaktor von mehr als hunderttausenden von Helfern errichtet. Inzwischen ist dieser jedoch an vielen Stellen einsturzgefährdet und gerissen. Ein neuer Sarkophag ist nötig!
Es gibt die Hoffnung, dass in diesem Jahr eine 100 Meter hohe Halle errichtet werden kann. Sie soll aufgrund der Strahlung in einiger Entfernung aufgebaut werden und dann mit einem Schienensystem über den Unglücksreaktor gerollt werden. Damit soll das System ein bisschen abgedichtet werden – und man spekuliert auf Zeit. Dieses Gebäude soll 100 Jahre halten, so heißt es in der Ausschreibung. Und in 50 Jahren ist die Robotertechnik möglicherweise so weit, dass dann der Unglücksreaktor Stück für Stück demontiert und somit Tschernobyl endlich abgebaut werden kann.